Der Fuchs, der Igel und der Grashüpfer
In einer alten Baumhöhle hatte der Grashüpfer einen behaglichen Platz entdeckt, um vor dem regnerischen, windigen Wetter in Sicherheit zu sein. Draußen stürmte es und wurde immer kälter, so dass der Grashüpfer lieber den Winter in der Höhle verbringen wollte. In einer gemütlichen Ecke kuschelte er sich zwischen Buchenblättern ein und begann sich auszuruhen. Fast wäre er eingeschlafen, da hörte er ein Schmatzen und Rascheln, das vom Eingang der Höhle herkam. Eine feuchte Schnauze lugte in die Höhle hinein und schnupperte in jeden Winkel, mal hierhin, mal dorthin.
Die feine Nase kam immer näher und ihr hinterdrein raschelten die langen Stacheln eines Igels an der Höhlenwand. Heidenei, auch das noch, ein Igel mit beträchtlichem Hunger nach allem was kreucht und fleucht. Der Grashüpfer machte sich ganz klein in seinem Versteck, doch der Igel kam näher und näher.
Plötzlich hörte man einen lauten Schuss - Peng! - und nochmal - Peng! Peng! und wie ein Blitz aus heiterem Himmel stürmte ein Fuchs in die Höhle hinein. Voller Angst bibberte er am ganzen Körper und rief: "Der Jäger, der Jäger ist hinter mir her und schießt mit seinem Gewehr!"
Der Igel rollte sich zu einer Kugel zusammen und streckte seine spitzen Stachel aus. "Ich will ja nicht gefressen werden", dachte er. "Wenn der Fuchs sich beruhigt hat, wird er bestimmt wieder hungrig sein und mich fressen."
Der Grashüpfer sah seine Chance und sprang schnell aus seinem Versteck und schlüpfte in das Fell des Fuchses. Dort grub er sich zwischen den verfilzten Haaren tief in das Fell. "Ah, oh ja, etwas tiefer",gab der Fuchs behaglich von sich,"das ist gut, genau da juckt es mich schon die ganze Zeit! Danke lieber Grashüpfer, jetzt darfst Du Dir was wünschen!"
Bevor der Grashüpfer etwas sagen konnte fing der Fuchs an zu knurren: "Was riecht denn meine feine Schnauze? War das nicht ein Igelpups?"
Der Igel wurde vor Schreck ganz starr. Er hatte den ganzen Morgen Regenwürmer gefuttert und nun war ihm aus lauter Angst ein feiner Wind entwichen. "Ich könnte Dir auch einen Wunsch erfüllen", sagte der Igel rasch zum Fuchs und blinzelte vorsichtig aus seiner Kugel. Der Fuchs guckte kritisch und überlegte. Da sagte der Grashüpfer: "Igel, wenn Du mir ein paar Zecken und Flöhe aus Deinem stacheligen Fell überlässt, erfülle ich Dir auch einen Wunsch!" Das hörte sich doch gut an. Jeder durfte einen Wunsch äußern und vielleicht wurden hinterher doch alle satt.
Der Fuchs sagte: "Dann fang ich aber an! Ich wünsche mir schon lange, nicht mehr vor dem Jäger davonlaufen zu müssen. Viel lieber wäre ich ein Zugführer mit einem Schnellzug, der über die Lande flitzt. Und Du Grashüpfer?"
"Hm", entgegnete der Grashüpfer, "ich wünsche mir, dass ich einen großen Bagger fahre, der alles umgraben kann, mit schweren Ketten und großer Schaufel! Und Du, Igel?"
Der Igel sagte: "Ich wäre gerne eine Prinzessin mit einem großen Schloss, das glitzert und funkelt!"
Plötzlich gab es einen lauten Knall und in der Höhle flogen alle Blätter umher, kleine Blitze zuckten, es gab rosaroten Rauch, der nach Gummibärchen roch und mit einem großen Getöse wirbelten Fuchs, Igel und Grashüpfer durch die Luft wie in einem Wirbelsturm. Der Donner wurde immer lauter, es gab ein entsetzlich hohes Fiepen und mit einem grellen Feuerball schossen die drei Gesellen in den Himmel. In der Höhle war noch etwas hellblauer Nebel, der langsam waberte und sonst war es still. Von den drei Tieren keine Spur, wo waren die nur?
Der Jäger trat mit seinem Gewehr hinter einem Baum hervor. Was war denn das gewesen? Eine gewaltige Explosion hatte ihn zu Tode erschreckt, nachdem er dem Fuchs hinterher gejagt war. Hatten seine Kugeln etwa damit zu tun? Er konnte es sich nicht erklären. Er zog es vor, die Jagd zu beenden und nach Hause zu gehen.
Als er aus dem Wald trat kam ihm die Welt seltsam verändert vor. Da wo früher der Waldkindergarten seine Wägen stehen hatte, war auf einmal ein großes Schloss, das glitzerte und funkelte. Um die hohen Burgmauern herum wurde gerade ein Burggraben ausgehoben mit einer großen Baggerschaufel. Der Bagger grub sich tief in das Erdreich und dahinter wartete ungeduldig ein Feuerdrache, der motzte: "Geht das nicht ein bisschen schneller? Ich muss Dir wohl Feuer unter den Hintern machen! Wann wird das denn endlich fertig, damit ich einziehen kann? Eine Burg ohne Drachengrube ist wie ein Weihnachtsfest ohne Tannenbaum!" Und prompt schossen kleine Rauchwolken aus seinen Nüstern. Im Führerstand des Baggers schwitzte der kleine Grashüpfer und dachte: "Oh je, das hatte ich mir anders vorgestellt. Wie gerne wäre ich in meiner feinen Höhle in der Winterstarre."
Aus dem Schlossturm hörte man es bitterlich weinen. "Jetzt stell Dich nicht so an", wetterte die Zofe, "als Prinzessin braucht es schon ein bisschen mehr, als im Schlafanzug "Paw Patrol" zu gucken. Die Haare müssen geflochten werden, Du musst Deine schillernden Röcke tragen, dann geht es zur Lautenstunde, damit Du endlich dem König wohlfeile Lieder zum Besten geben kannst und Deine Turmstube ist auch noch nicht aufgeräumt! Nun mal Dalli Dalli!" Die Prinzessin seufzte. Wie schön war doch das Leben im Wald gewesen, ohne strenge Regeln und schillerndem Popanz.
Als sie traurig aus dem Fenster guckte schoss gerade ein Zug in rasender Geschwindigkeit vorbei. "Schon wieder zu spät!", schimpfte der Bahnhofsvorsteher in Bretten. "Dieser langsame Fuchs trödelt schon wieder in der Weltgeschichte umher. Der wird was erleben, wenn er hier ankommt." Der Fuchs war fix und fertig. Zur Weihnachtszeit waren die Fahrgäste immer so ungeduldig und jetzt musste er auch noch überprüfen, ob alle ihre Maske aufhatten, wegen der neuen Krankheit. Viel besser wäre es, er würde eine Maschine entwickeln, die die Viren fortnehmen könnte, aber dazu hatte er ja jetzt keine Zeit mehr: Immer die Fahrpläne einhalten, Fahrkarten kontrollieren, Zug überprüfen und und und. Manchmal sehnte er sich nach dem Leben im Wald mit viel Schlaf und Ruhe in der kuscheligen Höhle.
Plötzlich gab es einen lauten Knall und Schnellzug, Schloss und Bagger flogen durch die Luft, kleine Blitze zuckten, es gab rosaroten Rauch, der nach Gummibärchen roch und mit einem großen Getöse wirbelten Fuchs, Igel und Grashüpfer durch die Luft wie in einem Wirbelsturm. Der Donner wurde immer lauter, es gab ein entsetzlich hohes Fiepen und mit einem grellen Feuerball schossen die drei Gesellen in den Himmel.
Mit einem großen Platsch flogen sie in den Teich hinter der Grillhütte und nass und verdattert prustend krochen sie an das Ufer. Da gab es ein großes Hallo! Ameise, Hase, Schnecke, Kreuzspinne, Dachs, Buntspecht, Wildschwein, Frosch, Eule, Eichhörnchen, Wolf, Maus, Reh und Hirsch warteten am Ufer und begrüßten Igel, Fuchs und Grashüpfer. "Was für eine Freude Euch zu sehen. Wir haben uns nämlich gewünscht, dass alle Waldtiere wieder in Rinklingen sind und jetzt können wir wieder miteinander spielen. Ist das nicht toll?" "Jaaaa!", riefen alle und freuten sich wie verrückt.
(c) Till Geiger 2020
Labels: Kindergeschichten, Kinderhirn
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